One Way Ticket

“Dieses Rauschen ist einfach nervig” schnaufte er, während er durch das kaum den Verkehrslärm dämmende Fenster ihrer Wohnung schaute. Er war gerne hier. Ihm gefiel das Chaos in dem sie lebte und in dem sie trotzdem immer fand, was sie suchte. Er mochte die Architektur und den Charme des Altbaus, auch wenn die Fassade wie viele Gebäude im Schanzenviertel zumindest im unteren Teil mit Graffitis übersäht war. Doch störte ihn der Zustand der Wohnung, das einfache Bad und ganz besonders die geringe Schalldämpfung. Der Holzdecke über ihrem Schlafzimmer verdankte er zwar traumhafte Nächte, in denen ein unsichtbarer Wettbewerb mit dem jungen Pärchen über Ihnen ausgetragen wurde – aber auch schlaflose Nächte, nach denen er am nächsten Morgen übermüdet ins Büro musste.

Sie lag neben ihm, ihren Kopf auf seine Schulter gelegt und fummelte mit ihrem Zeigefinger in seinen Brusthaaren. “Freitags abends ist es besonders schlimm. Noch ein paar Wochen und du hättest dich daran gewöhnt, irgendwann merkst du das nicht mehr”. Er drehte sich zu ihr um, legte ein etwas gequältes Lächeln in sein Gesicht. “Mit dem Gewöhnen anfangen lohnt ja jetzt nicht mehr”. Sie sah ihn etwas ärgerlich an: “Lass das, fang damit nicht wieder an”, nahm dann die Hand von seiner Brust und legte sich wieder auf den Rücken. “Lass uns einfach die paar Abende genießen, die wir noch haben”.

Er richtete sich etwas auf, legte seine freie Hand auf ihre Schulter und bewegte sie zu ihrer Brust. Er beobachtete seine Hand, wie sie zärtlich die Rundung ihrer Busen umfuhr, spürte ihre sich empor streckende Brustwarze in seiner Handfläche, wenn die Hand wieder die Seite wechselte. Nach einer Weile merkte er, wie sie ihn beobachtete. “Es ist nicht nur der Sex, der mich zu dir hinzieht”, sagte er, während er wieder zu seiner langsam kreisenden Hand schaute, “da ist viel mehr”. Sie sah ihn an, nickte langsam und zog seinen Kopf zu sich hin. “Ich weiß, Markus, ich weiß”, erwiderte sie.

Nach einer Weile drückte sie ihn wieder auf seinen Rücken und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Ihre Aufmerksamkeit galt inzwischen dem Song aus der Stereoanlage, der einen ruhigeren Abschnitt erreicht hatte. “Be still, my soooon. You’re hooooome”, sang sie mit, “Oh when did youuu become so cooooold?”. “Nightwish”, frage er? “Ja, das neue Album”, antwortete sie. Sie wartete die nächste Zeile ab und setzte wieder leise ein. “All you neeed is to feeeel my loooove. Search for beauty, find your shooooore. Try to save… ach Scheiße”. Sie stand abrupt auf, schmiss dabei die Decke vom Bett und ging ins Bad.

Donnerstag

Markus saß auf seinem Sofa, seine Füße lagen auf dem Glastisch. Sein Blick streifte durch das Wohnzimmer, dass er sich gerade erst vor ein paar Wochen eingerichtet hatte. Vor ihm an der weißen Wand der große Flachbildfernseher, in den Raumecken die grau lackierten Boxen, die zusammen mit dem blauen Teppich das im gesamten Raum vorherrschende blau-graue Farbspektrum diktierten. “Kalt” hatte sie es genannt, als er sie gefragte hatte, wie ihr seine Wohnung gefällt. Damals hatte ihn ihre Antwort getroffen, doch inzwischen konnte er es verstehen. Sie hatte Recht, der ganze Raum war kühl, mit seinen kalten Farben fast schon abweisend.

Vor wenigen Wochen hatte es ihm noch gefallen, heute fühlte er sich unwohl – unwohl in seiner eigenen, frisch eingerichteten Wohnung. Unwohl in dem gesamten Viertel. Die abendliche Ruhe der Speicherstadt, die ihn damals hierher gezogen hatte, kam ihm nun wie der Vorhof eines Friedhofs vor. Die, die es sich leisten konnten, hier zu wohnen, waren meistens im Büro oder unterwegs. Nur der Blick über den Hafen, der gefiel ihm immer noch.

Es klingelte. Beim Aufstehen schob er mit einem Bein versehentlich seine Kaffeetasse vom Tisch und ein Rest vom Kaffee ergoss sich auf den Teppich. “Mist”, fluchte er und wollte instinktiv in die Küche rennen, ging dann aber doch erst zur Wohnungstür. Er schaute durch den Spion, sah seinen langjährigen Freund Wolfgang und ließ ihn rein.

“Herzlichen Glühstrumpf zur Beförderung”, Wolfgang hielt dabei gratulierend eine Flasche Barcadi hoch. “Die Cola habe ich vergessen, aber du wirst ja wohl welche haben”.

“Komm rein”, er ging zur Seite und ließ seinen Freund durch, der ihn dabei etwas irritierend anschaute.

“Ist irgendwas, die Sonne scheint dir nicht gerade aus dem Gesicht”.

Markus schloss die Tür. “Ich muss mal kurz in die Küche, habe ne Kaffeetasse umgeschmissen. Geh schon mal durch”. Er schloss die Tür hinter ihm. “Wenn du etwas trinken willst, du weißt wo der Kühlschrank steht”. Er ging in die Küche, holte einen feuchten Lappen, wischte damit im Wohnzimmer den Fleck weg und brachte den Lappen wieder in die Küche.

Zurück im Wohnzimmer setzte sich wieder auf seinen Platz auf dem Sofa. Sein Freund folgte ihm mit einem Bier in der Hand, blieb einen Moment stehen und nahm dann den Sessel, der dem Sofa schräg gegenüber stand. Ihre Blicke trafen sich, blieben aber eine ganze Zeit wortlos. Wolfgang brach als erster das Schweigen. „Eigentlich bin ich gekommen, um mit dir deinen neuen Job zu feiern aber nach Feierlaune siehst du nicht gerade aus”.

Markus schüttelte nur den Kopf.

Wolfgang zog seine Augenbrauen etwas hoch. „Darf ich mein Bier noch austrinken oder soll ich gleich gehen”.

Markus seine Augen wendeten sich seinen Füßen zu. „Anna haut ab”.

Wolfgang nippte an seinem Bier. „Die Frau, die du vor ein paar Wochen kennen gelernt hast und wegen der ich dich kaum noch sehe?”.

Er nickte.

„Hat halt nicht geklappt. Ich glaube es war dein Spruch, dass jede die geht Platz für eine neue macht, oder?”

„Sie fliegt am Sonntag nach Neuseeland”. Sein Blick war in das Nichts hinter seinen Füßen gerichtet.

„Sagtest du nicht, sie wäre gerade erst vor ein paar Monaten dort gewesen?”. Wolfgang sah das Nicken seines Freundes. „Eine reiselustige Dame. Wie lange diesmal?”

Markus richtete sich im Sofa auf, sah dann seinem Freund ins Gesicht. „Diesmal hat sie kein Rückflugticket”. Er sah, wie sein Freund einen Moment brauchte, um seine Antwort zu verarbeiten.

„Sie wandert aus?”, fragte Wolfgang und erkannte an der Reaktion seines Freundes, dass er richtig lag. „So schlimm bist du doch auch nicht”, versuchte er die Situation etwas aufzulockern. Sein Freund reagierte nicht. „Sorry. War nicht so gemeint, dich hat es wohl diesmal ziemlich erwischt gehabt”.

„Sie hat ihre Entscheidung schon vor ein paar Monaten gefällt. Sie sagt, dass sie vor allem flieht, was nicht funktioniert hat”. Er richtete sich mit seinen Armen etwas im Sofa auf, damit sein Rücken nicht so sehr im Hohlen lag.

Von seinem Sessel aus konnte Wolfgang durch die gläserne Front der Wohnung den Hafen sehen. Er sah wie im Hintergrund ein Hubschrauber Ware zu einem der Containerplätze brachte, bevor seine Gedanken wieder zu seinem Freund zurück kehrten. „Sie bedeutet viel für dich?”.

“Was du verlierst weißt du erst, wenn du es nicht mehr hast”, Markus zuckte mit den Schultern. „Viel, sehr viel, vielleicht mehr als ich je hatte”.

„Pack deinen Koffer, flieg hinterher”, sagte Wolfgang, meinte das aber mehr ironisch.

„Das würde sie nicht wollen. Sie will hier alles hinter sich lassen, alles was nicht funktioniert hat, endlich ihren eigenen Weg gehen. Ein neues Land, eine neue Chance, einen Neuanfang, das sind ihre Worte”. Markus legte seinen Kopf in den Nacken, bis er an der rückseitigen Lehne des Sofas auflag.

„Du würdest sonst mitgehen”, fragte sein Freund ungläubig.

„Ich glaube schon”.

„Und das alles hier? Dein Job, deine neue Wohnung? Neun von zehn würden auf der Stelle mit dir tauschen”. Markus sah seinen Freund wortlos an. „Scheiße”, sagte er, als er die Tränen in den Augen seines Freundes sah.

Freitag

Es war Annas Wunsch, sich im Cafe unter den Linden zu treffen. Sie mochte das einfache Ambiente des Cafes, die Stühle mit den weißen Metallrahmen vor den runden Tischen unter den Linden im Garten, die schwarzen Kaffeetassen und das Glas Wasser dazu auf dem kleinen Tablett. Tanja saß ihr gegenüber, nippte an ihrem Kaffee und sah sie mit dem Blick an, mit dem jemand einen Menschen anschaut, wenn er sich für sein Glück freut und gleichzeitig traurig ist, dass sich genau dieser Mensch von einem entfernt.

“Hättest du dich auch für Neuseeland entschieden, wenn du ihn damals schon gekannt hättest?”, fragte Tanja.

“Hey, als meine beste Freundin darfst du solche Fragen nicht stellen”, erwiderte Anna und schaute mehr lächelnd als empört auf, bevor sie von ihrer Brötchenhälfte abbiss.

“Als deine beste Freundin muss ich solche Fragen stellen”, antwortete ihr Tanja. Sie setzte die Kaffeetasse ab und schaute ihrer Freundin in die Augen.

“Ist ja schon ok”, Anna spülte den letzten Bissen mit einem Schluck Orangensaft runter. „Eigentlich kennen wir uns kaum”. Sie musste lächeln und neben ihren Augen bildeten sich fächerartige Falten. „Hast du das Buch ‘Aschermittwoch’ von Ethan Hawke gelesen?”.

“Der Typ, der dieser Frau nachfährt, von der er sich gerade getrennt hatte”, fragte Tanja.

“Genau der. Irgendwo steht, dass sie das erste halbe Jahr kaum ein Wort gesprochen und nur gevögelt haben.”

“Aha, lass mich raten: es gibt Parallelen.”

Anna nickte grinsend und versank dann in ihren Gedanken.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet”, hakte Tanja nach einer Weile nach, „wärst du geblieben?”.

Anna überlegte eine Weile, bevor sie antwortete. “Ich weiß es nicht”. Sie führte ihre Hand zu ihrer Kaffeetasse, drehte sie aber nur in ihren Fingern. „Ich mag diese Stadt. Es gibt hier ein paar Leute, die ich sehr mag.” Sie schaute ihre Freundin an, „zum Beispiel dich”. Ihr Blick senkte sich nach einem Moment wieder zu Ihrer Kaffeetasse, die sie immer noch drehte. „Es ist einfach nur so, als ob hinter jeder Straßenecke irgendeine Last ist, irgendeine Erinnerung an irgendetwas, an das ich nicht mehr denken mag. Als ob mir die Erinnerungen an das, was war, die Kraft nimmt, etwas neues anzufangen”.

„Alles, was du brauchst, ist in dir drin”, sagte Tanja nach einer längeren Pause.

Anna lächelte. „Ja, daran glaube ich auch”. Sie drehte immer noch ihre Kaffeetasse, schaute jetzt aber wieder ihre Freundin an. „Auf frischer Erde lässt es sich aber besser pflanzen als auf verbranntem Boden, um bei den Plattitüden zu bleiben”.

Tanja nickte, erwiderte aber nichts. Anna sah eine Skepsis in dem Gesicht ihrer Freundin. Sie richtete sich auf und legte ihre Hand auf die von Tanja. „Hey, ich weiß auch nicht, ob meine Entscheidung die Richtige ist, aber ich muss diesen Schritt einfach tun. Wenn ich nicht auf meine innere Stimme höre, worauf dann? Ich will einfach nicht eines Tages in den Spiegel sehen und mir vorwerfen müssen, es nicht gewagt zu haben.”

Tanja schaute ihre Freundin lange an, bevor sie antwortete. „Wenn es so ist, dann ist es die richtige Entscheidung”. Sie legte ihre freie Hand auf die von Anna und drückte sie.

Samstag

Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt. Dunkle Wolken zogen von der Küste her über die Stadt und ließen den Hafen schneller in seinen Lichtern versinken, als es sonst der Fall war. Er hatte sich bereits geduscht und war gerade dabei sich anzuziehen, als das Telefon klingelte. Er zog seine Jeans hoch und ging ins Wohnzimmer, während er sich seinen Gürtel durch die Schlaufen zog. Auf dem Display standen vier Buchstaben.

„Hi. Zieh dir schon mal den Mantel an, ich bin gleich bei dir”, rief er ins Telefon, während er wieder in sein Schlafzimmer zurück ging.

Er blieb stehen, als er merkte, dass sie nicht gleich antwortete. „Anna?”.

„Wir werden uns heute abend nicht sehen”, hörte er ihre Stimme aus dem Hörer. Es brauchte einen Moment, bis ihm die Bedeutung ihrer Worte klar wurden und er weiter zuhören konnte. „… auch morgen nicht sehen”. Seine Hand umklammerte das Telefon: „Ich komme zu dir Anna, ich muss dich sehen”. Seine Stimme war erstaunlich fest und bestimmend.

„Ich bin bereits bei einer Freundin. Sie bringt mich auch morgen zum Flughafen”, sie machte eine Pause und er hörte sie schlucken. „Bitte, suche mich nicht. Lass uns bitte unsere letzte Nacht in Erinnerung…”. Er unterbrach sie: „Wo bist du?”.

„Bitte, Markus, nicht. Ich kann das nicht, das fällt mir auch so schon schwer genug”. Es war mehr geschluchzt als gesprochen.

„Anna, ich muss dich noch einmal sehen, bitte”, seine Stimme klang laut und verzweifelt.

„Lebewohl”, ihre Stimme war kaum noch zu verstehen. „Alles Glück der Welt für dich”, dann legte sie auf.

Sonntag

Langsam fuhr die Hebebühne den silbernen Alucontainer nach oben. Oben angekommen wurde er in den Rumpf des Flugzeugs gezogen, so wie die drei anderen vor ihm auch. Sie stand vor der Fensterscheibe am Gate und sah zu den verbleibenden drei Containern, die hinter einer kleinen Zugmaschine standen. Daneben, auf dem vom Regen der letzten Nacht noch dunklen Asphalt des Flughafens, stand ihr Flugzeug. Ein kleiner Airbus, der sie nach Frankfurt bringen würde. Dort würde sie dann in den Jumbo der Singapore Airlines steigen. Über die Lautsprecher ertönte bereits zum zweiten Mal der Aufruf zum Boarding.

Sie spürte, wie jemand hinter ihr stand und drehte sich um. Die Augen, in die sie blickte, waren stark gerötet. Sein blasses Gesicht und ein leichter Schatten unter seinen Augen zeugten von einer Nacht mit wenig Schlaf. Sie ging einen Schritt auf ihn zu, legte ihre Arme um ihn herum und ihren Kopf halb auf seine Schulter. Er versuchte sie auch zu umarmen, wurde durch ihren Rucksack aber daran gehindert. „Nicht am Telefon”, sagte er leise. „Es wäre einfacher gewesen”, erwiderte sie.

Ihr fiel ein, dass sie bereits am Gate waren und sie drückte sich wieder etwas von ihm weg. „Wie kommst du hier rein, hast du ein Ticket?”.

„Ja”, antwortete er nickend.

Sie lächelte. „Du bist verrückt”.

„Der Flug bis Frankfurt ist nicht so teuer und ich musste dich noch einmal sehen”. Seine Hand strich mit leicht gespreizten Fingern an ihrem Ohr entlang durch ihre Haare. Ihr Lächeln verschwand langsam und er nahm seine Hand wieder weg.

„Fliegst du bis Frankfurt mit?”, fragte sie. Er schüttelte den Kopf.

„Ein letzter Kuss”, fragte er? Sie nickte doch der Kuss war kein Vergleich mit den unzähligen der vergangenen Wochen.

Über den Wolken

Das sonore Dröhnen der Triebwerke drängte sich wieder in ihr Bewusstsein, als sie aus ihrem Schlaf erwachte. Während der Startphase war sie immer etwas unruhig, wenn das Flugzeug zunächst steil nach oben strebte, aber sobald das Flugzeug seine Reisehöhe erreicht hatte und der Schub der Triebwerke reduziert wurde, konnte sie schlafen. Sie räkelte sich in ihrem Sitz und stellte die Rücklehne wieder aufrecht.

Es war draußen bereits dunkel und sie wunderte sich. Sie flogen zwar gegen die Uhr aber nach ihrem Gefühl sollte es noch hell sein. Ihre Sitznachbarin wendete ihren Blick von ihrem Magazin ab und lächelte ihr zu. „So gut möchte ich auch mal im Flugzeug schlafen können”.

„Wie spät ist es jetzt”, fragte Anna.

„Ich habe meine Uhr noch nicht umgestellt. In Deutschland ist es jetzt kurz vor acht. Wir müssten gerade über Indien sein, also zwei oder drei Uhr nachts, wenn ich richtig rechne”.

Anna ploppte den Atem durch ihre Lippen. „So lange schlafe ich sonst in diesen Dingern nicht. Hatte wohl etwas Schlaf nachzuholen”.

Ihre Sitznachbarin zögerte etwas, bevor sie weiter sprach. „Ihr Schlaf hat ihnen auch sonst gut getan, wenn sie mir die Bemerkung erlauben”.

„Inwiefern?”, fragte Anna zurück.

„Sie weinen nicht mehr”. Ihre Nachbarin lächelte ihr dabei zu.

Anna sah durch das Fenster. Bis auf die hell leuchtenden Sterne, die hier oben durch keine Wolkendecke verhangen waren, war alles schwarz. Ein Freund hatte ihr mal gesagt, dass die Sterne Freunde des Menschen seien. Sie würden alles sehen und nichts verurteilen, meinte er. Und wenn man sich verläuft, zeigen sie einem den Weg. Und was ist, wenn Nebel ist, hatte sie ihn gefragt. Sie musste dabei lächeln, sprang dann aber wieder mit ihren Gedanken in das Flugzeug zurück und entschied sich zu antworten.

„In Hamburg ist jemand zurückgeblieben, in den ich mich in den letzten Wochen verliebt habe”.

„Liebt er sie auch?”.

Anna nickte.

„Dann wird er die paar Wochen warten können”, erwiderte ihre Nachbarin.

„Ich verlasse Deutschland”, sagte Anna. „Oder besser, ich habe Deutschland verlassen, mit diesem Flug. Ich ziehe nach Neuseeland, nach Auckland”.

Die Frau neben ihr sah sie schweigend an.

„Es wäre einfach schön gewesen, wenn er mitgekommen wäre”, fügte Anna hinzu.

„Er wollte nicht?”.

Anna schüttelte den Kopf. „Offensichtlich nicht. Er hat nie gefragt”.

Ihre Nachbarin senkte die Augen etwas und nickte. Dann wandte sie sich wieder ihrem Magazin zu.


Die Geschichte wurde für die Schreibwerkstatt geschrieben (die es leider nicht mehr gibt). Der fett dargestellte Text am Anfang war vorgegeben.